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Umsatzbasierte Bußgelder – wie sonst nur aus dem Kartellrecht bekannt – waren einer der Gründe, warum die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vor ihrem Inkrafttreten für erhebliches Aufsehen sorgte. Die vielfach relevanteren Schadensersatzansprüche, die, wie bei „Dieselgate“, aufgrund der Vielzahl von betroffenen Personen und der aus Sicht von Rechtsdienstleistern bestehenden Skalierbarkeit mit weitaus höheren Einbußen für Unternehmen einhergehen können, blieben zunächst unbeachtet. Inzwischen ist der Schadensersatzanspruch gem. Art. 82 DSGVO die Vorschrift, die die meisten Vorlagen zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) der letzten Jahre hervorgerufen hat. Am 4.5.2023 hat nun der EuGH (Urteil v. 4.5.2023 - Rs. C-300/21, NWB GAAAJ-41389) in einem Grundsatzurteil über zentrale Fragen rund um den Ersatz immaterieller Schäden als Folge von Datenschutzverstößen entschieden.
Die Rechtsfigur der gemeinsamen Verantwortlichkeit beschäftigt die datenschutzrechtliche Literatur seit Langem. Die Bestimmung der Verantwortlichkeit bei arbeitsteiligen Verarbeitungsverfahren, welche vor allem bei heutigen Plattformdiensten üblich sind, ist komplex: Stets sind mehrere Akteure beteiligt und in der Regel werden durch die Handlung eines Beteiligten mehrere Verarbeitungsschritte ausgelöst. Nun hat sich der EuGH in einem in mehrfacher Hinsicht bemerkenswerten Urteil geäußert.
In dem vorliegenden Beitrag setzt sich der Verfasser mit dem Urteil des EuGH vom 4.5.2023 (Az.: C-60/22, DSB 2023, 178) zu den Auswirkungen eines formellen Verstoßes des Verantwortlichen gegen die Pflichten aus Artt. 26, 30 DSGVO (juris: EUV 2016/679) auf die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung auseinander. Nachdem zunächst der zugrunde liegende Sachverhalt und der Hintergrund des Vorlageverfahrens skizziert wurden, gibt der Verfasser einen Überblick über die wesentlichen Entscheidungsgründe des EuGH. Insbesondere stelle der EuGH hier fest, dass die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung in Art. 6 DSGVO geregelt sei und sich eine rechtswidrige Verarbeitung daher nur aus einem Verstoß gegen die Artt. 6 ff. DSGVO ergeben könne; die Pflichten aus Art. 26 und Art. 30 DSGVO würden nicht zu den Gründen für die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung zählen. Mit Blick auf die Praxis lasse sich, so der Verfasser abschließend, festhalten, dass die Entscheidung insofern nicht überraschend sei; jedoch sei die Feststellung, dass sich aus Verstößen gegen Art. 26 und Art. 30 DSGVO kein Verstoß gegen das Grundrecht auf den Schutz personenbezogener Daten nachweisen lasse überraschend und bedenklich. Auch überrasche es, dass der EuGH eher in einem Nebensatz feststelle, dass der Verantwortliche im Prozess aufgrund seiner Rechenschaftspflicht gegenüber Betroffenen beweisbelastet ist; ob sich die Kammer hier der möglichen Auswirkungen ihrer Ausführungen bewusst gewesen sei, bleibe fraglich.
Datenschutz und der 25.5.2018, wie ein Damoklesschwert scheinen beide Begriffe zurzeit im Raum zu stehe. Jeder weiß oder sollte zumindest um das Inkrafttreten der europäischen DSGVO am 25.5.2018 wissen. Viel wurde über wesentliche Neuerungen im Datenschutzrecht berichtet. Nicht zuletzt über gesteigerte organisatorische Anforderungen, Dokumentationspflichten und drohende Bußgelder. Doch was bedeuten diese Neuerungen ganz konkret für die Praxis des Steuerberaters? Anders als man vermuten könnte, werden die datenschutzrechtlichen Neuerungen nicht nur im Bereich der Kanzleiorganisation relevant. Auch im Steuerverwaltungsverfahren sieht sich der Steuerberater datenschutzrechtlichen Fragestellungen gegenüber, bspw. dann, wenn die Finanzbehörden bei der Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Mandanten gegen die DSGVO verstoßen. Gleiches gilt in Bereichen des Beschäftigtendatenschutzes. Sowohl der Kanzleiinhaber selbst, als auch seine Arbeitgeber-Mandanten haben die Vorschriften des Beschäftigtendatenschutzes einzuhalten. Der Steuerberater benötigt datenschutzrechtliches Know How, welches unmittelbar seine tägliche Praxis betrifft. Andernfalls besteht das Risiko, dass dieser mit mehr Fragen, als Antworten zurück bleibt.